»Jeder Akt ist eine Performance!«
Der absolute Blick: Wie der Fotograf Thorn Button Körperlichkeit inszeniert – und warum sich Modelle wie Ivy gern seiner Kamera aussetzen …
Thorn Button gilt als spröder Selbstentwickler, der nicht jedem Trend hinterherhechelt. Vielleicht auch deshalb sind seine Aufnahmen hierzulande in nur wenigen Kunst-Sammlungen vertreten. Phänomenal hingegen ist die Motivfülle der Sujets, die als facettenreiche Blickfänge an den Walls der sozialen Netzwerke faszinieren: Eine exklusive Kollektion schaffte es jetzt als Limited Edition in unsere virtuelle Ausstellung – und ins Kopfkino des Betrachters …
Jede Falte, jede Pore wird registriert: vor einem neutralen dunklen Hintergrund, der fast grafisch wirkt. Vor den Augen des Betrachters entfaltet sich ein gleißendes Kammerspiel von hoher atmosphärischer Dichte und frappierender Unmittelbarkeit. Das liegt nicht zuletzt am Foto-Stil Buttons, der die Oberfläche des menschlichen Körpers seismographisch seziert und mit dieser Technik paradoxer Weise nicht desillusioniert, sondern seine Modelle erneut mystifiziert. Dabei überrascht der stilistische Reichtum dieser puristisch gehaltenen Studio-Photographien.
»Der Markt ist nicht das Maß.«
Im Zentrum der delikaten Aktaufnahmen steht Ivy – Muse und Modell zugleich, bisweilen liebevoll charakterisiert als „Thorn“ in seinem Fleisch. Können doch ´ziemlich beste Freunde´ oftmals die strengsten Kritiker:innen sein. Ergebnis der gemeinsamen Performance: bestechend schöne, intime An- und Einblicke, deren kühle Ästhetik keinerlei voyeuristische Impulse bedient. Hat doch Button sein Sujet aus dem Kontext banaler Alltäglichkeit geholt und deshalb nicht nur erotisch, sondern auch emotional aufgeladen. Was das Kreativ-Duo motiviert und wie es aktuell die Kunstwelt inspiriert!
Thorn, auf welches Werk sind Sie besonders stolz und was macht seine Besonderheit aus?
Die vorherrschende Emotion ist nicht Stolz, sondern Demut – Dankbarkeit für das Vertrauen, das mir die Menschen vor der Kamera entgegenbringen und die Ergebnisse, an denen sie nicht selten stilprägend mitwirken. Aus dieser Interaktion entsteht die finale Attraktion.
Welches Projekt verfolgen Sie gerade, worum geht es Ihnen und ist Scheitern eine Option?
Ich glaube an die kreative Kraft des Zweifels. Denn Scheitern ist eine Schimäre, die künstlerisches Schaffen seit jeher begleitet. Als Fotograf versuche ich immer auch zu reflektieren, was ich sehen will. Damit begebe ich mich auf ungewisses Terrain. Auch mein nächstes Projekt wird wieder ein Wagnis sein: Musik zweidimensional festzuhalten: „Zeig mir, was Du hörst!“.
Greifen Sie Impulse auf, die vom Markt ausgehen – anders gefragt: Ist der Markt das Maß?
Kunst sollte innengeleitet sein und sich nicht an den Mainstream anbiedern. Gelingt es einem Foto, den Puls zu beschleunigen, den Blick zu fesseln und den Rezipienten nachhaltig zu involvieren? Das ist die Maßgabe. Der Rest ist Makulatur.
Und Spannung erzeugen Sie dabei neben Ihrem facettenreichen Sujet vor allem wodurch?
Jede Session folgt einer Choreografie im Spannungsfeld zwischen Modell, Fotograf & Kamera. Das Ergebnis spiegelt sich später im Auge des Betrachters – die perfekte Ménage-à-trois!
Ivy, was motiviert Sie – und welches ist Ihre Lieblings-Fotografie?
Eine Lieblings-Fotografie gibt es immer wieder. Bewegt sie mich, ist es eine Fotografie, die ich liebe. Alternativ zum gesprochenen Wort motiviert mich die unermessliche Bandbreite unseres „Bewegungs-Vokabulars“: Wie eine Ballerina bei ihrer Darbietung die Ausdruckskraft ihres Körpers nutzt, ist auch das Posieren vor der Kamera unendlich facettenreich.
Zeigt ein gutes Foto nur die Oberfläche oder auch die Seele des Modells?
Die Essenz einer Photographie findet sich selten an der Oberfläche: Wahre Kunst schöpft tiefer. Unabhängig vom Motiv erkennt man gute Fotos daran, dass sie eine Seele besitzen. Der Körper mag unbekleidet sein; nackt sind nur die Emotionen.
Wie viel kreativer Handlungsspielraum bleibt für Sie als Impulsgeberin?
Maximaler Möglichkeitsraum: Denn wir benötigen keine Vorgaben und lassen uns von unserer Inspiration – manchmal sogar von ganz spontanen Eingebungen – lenken. Ab einem bestimmten Punkt entfaltet sich dann eine positive Eigendynamik. Das ist der magische Moment, wo der Fotograf und sein Sujet zu einem kreativen Kollektiv verschmelzen.
Wer von Ihnen hat das letzte Wort bei der Realisation einer Foto-Vision?
Die Frage stellt sich allenfalls rhetorisch – ich bin eine Frau … (lacht) Wie in jeder guten Beziehung lasse ich jedoch mein Gegenüber gern in dem Glauben, das letzte Wort gehabt zu haben. Schon sind beide Seiten zufrieden!
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Credits: Mit freundlicher Unterstützung von Melika Beena, Sarah Formen, Alice Schepermann, Kathrin Tesmer und vielen anderen, die unser Projekt kreativ begleitet haben und für diese Limited Edition Modell standen!
Künstlerportrait & Interview: Claudia Roosen